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Warum „Narziss und Goldmund“
Ich schreibe diese Texte über narzisstische Beziehungen seit April 2024. Es ist ein Weg, um mich mit meiner eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
Begegnungen mit narzisstischen Menschen haben mein Leben tief geprägt. Wie viele Betroffene versuche ich zu verstehen, warum diese Dynamiken so mächtig sind – und weshalb es so schwer ist, sich aus ihnen zu lösen.
Narziss und Goldmund ist mein Werkzeug, mir meine Geschichte zurückzuholen – ein Schritt zur Wiedergewinnung von Selbstwert und innerer Stärke.
Schreiben schafft Klarheit, besonders in Phasen von Rumination. Beim Recherchieren und Formulieren wirft es mich oft zurück in die verschiedenen Phasen dieser Beziehungen und ich fühle eine Verbundenheit, die schwer zu beschreiben ist. Das kann schmerzhaft sein, zeigt mir aber, wie tief die Verstrickungen reichen.
Diese Rückblicke sind keine Rückschritt – sie sind Teil der Loslösung: Chaos ordnen, Schmerz benennen, und mich Stück für Stück loslösen.
Wie narzisstische Beziehungen funktionieren
Anfangs wirkt alles perfekt – Seelenverwandtschaft, endlich angekommen sein, so glücklich wie noch nie. So habe ich die Anfangszeit empfunden und weiss, dass ich damit nicht die einzige Betroffene bin.
Nach und nach schleichen sich jedoch Manipulation, Kontrolle und emotionale Erpressung ein. Das Selbstwertgefühl wird untergraben, Isolation wächst, und Konditionierung lässt einen glauben, der eigene Wert hänge an der Zuneigung der narzisstischen Person. Double Standards und ständig wechselnde Regeln zersetzen das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung.
Was eine narzisstische Beziehung mit einem machen
Narzisstische Beziehungen verändern die Innenwelt – leise, aber radikal. Was am Anfang wie Liebe wirkt, wird zu einem System, das Identität, Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit zerstört.
Erosion des Selbstwerts: Ständige Abwertung und Double Standards lassen die eigene Stimme leiser werden. Man passt sich an, um Konflikte zu vermeiden, auf Kosten der Selbstbestimmung.
Kognitive Dissonanz & Selbstzweifel: Idealisierung und Abwertung wechseln sich ab. Diese Widersprüche erzeugen Verwirrung: Man beginnt, an sich selbst und der eigene Wahrnehmung zu zweifeln.
Intermittierende Verstärkung & Traumabindung (Traumabond)
Unberechenbare „gute Phasen“, kleine Zuwendungen nach Abwertung (Hoover) und der Wechsel von Nähe/Distanz erzeugen einen suchtähnlichen Effekt. Genau diese Unvorhersehbarkeit bindet – man wartet auf das nächste Zeichen von Wärme.
Gaslighting & Realitätsverschiebung: Grenzen, Erinnerungen, Gefühle werden einem abgesprochen. Man lernt, der anderen Person mehr zu trauen als dem eigenen Erleben.
Hypervigilanz & Erschöpfung: Dauernde Alarmbereitschaft („Laufen auf Eierschalen“) erschöpft Nervensystem und Körper. Das zerrt an Schlaf, Konzentration und Lebensfreude.
Isolation & Scham: Kontakt zu Freundinnen, Freunden und Familie bricht ab oder wird abgewertet. Scham („Wie konnte mir das passieren?“) isoliert. Das Schweigen verankert die Scham.
Grenzenverlust & Abhängigkeit: Eigene Werte und No-Gos werden relativiert. Entscheidungen fühlen sich gefährlich an; die Autonomie schrumpft – die Kontrolle von aussen wächst.
Diese Folgen sind keine „Schwäche“, sondern erklärbare Folgen eines toxischen Systems aus Manipulation und Kontrolle.
Genau hier beginnt Heilung: erkennen, benennen, Grenzen setzen – und sich Schritt für Schritt die eigene Realität zurückholen.
Trennung, Trauer, Identität
Der Missbrauch endet nicht mit der Beziehung; oft wird die Trennung durch Kontrolle und manipulativen Taktiken erschwert. Es ist ein langer, nichtlinearer Prozess. Man trauert um die Person, die man zu lieben glaubte, um eine Illusion von gemeinsamer Zukunft – und oft auch um Anteile der eigenen Identität.
Diese Trauer ist real und notwendig. Sie durchzugehen eröffnet eine Chance: sich selbst besser kennenzulernen, resilienter zu werden und den Fokus von aussen nach innen zu richten.
"I will get there. But right now I am here. And here is fine."
Verstehen – nicht verharmlosen
Viele stark narzisstische Menschen wurden in frühen Bindungen verletzt und entwickelten als Schutz ein idealisiertes „falsches Selbst“. Dieses Verständnis darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel Leid sie anderen zufügen können.
Auch hier gilt, dass mehrere Wahrheiten zugleich gelten können: Mitgefühl für die Entstehung – und klare Grenzen gegen Missbrauch.
Rahmen und Haltung
In meinem Blog teile ich persönliche Erfahrungen und stütze mich auf Fachwissen, besonders auf die klare, differenzierte Arbeit von Dr. Ramani Durvasula. Ergänzend nutze ich Perspektiven von Prof. Sam Vaknin, wo sie helfen, innere Mechanismen (z. B. „falsches Selbst“) zu erklären.
Mit Narziss und Goldmund möchte ich weder pathologisieren noch „Narzissmus-Bashing“ betreiben, sondern meinen Teil zur Aufklärung über narzisstischen Missbrauch beitragen. Der Schutz und die Selbstermächtigung aller Betroffenen liegen mir sehr am Herzen.
Wofür dieser Blog steht
Narziss und Goldmund ist ein Aufruf, aus dem Nebel der Verwirrung herauszutreten und den Weg der Heilung zu gehen: benennen, ordnen, Grenzen ziehen.
Heilung wird möglich durch radikale Akzeptanz, dass sich diese Beziehungen in ihrer Tiefe nicht ändern – und durch den Entschluss, die eigene Wahrheit zu leben.
Statt ins Leere zu greifen, schreibe ich dieses Kapitel neu – selbstbestimmt und diesmal mit einem Happy End.
- Er weiss genau -
Er weiss genau, weshalb du weinst,
weshalb du schweigst, und stets verzeihst.
Er weiss genau, was dich zerbricht,
nur gestehen will er's nicht.
Er weiss genau, weshalb du hoffst,
dich seine anfängliche Liebe lockt.
Er weiss genau, was dich zerbricht,
nur gestehen will er's nicht.
Er weiss genau, wie schön du bist,
wie klug, wie stark, wie liebenswert.
Er weiss genau, was dich zerbricht,
nur gestehen will er's nicht.
Er weiss genau, was dich umtreibt,
und wie dein Herz vor Sehnsucht schreit.
Er weiss genau, was dich zerbricht,
nur gestehen will er's nicht.
Er weiss genau, dir alles zu nehmen,
dir deinen Wert stets zu verhehlen.
Er weiss genau, was dich zerbricht,
nur gestehen will er's nicht.
Und jede Klage, jedes Wort,
wird nur verdreht, und trägt dich fort.
Er spielt mit dir, verdreht die Welt,
bis die Leere in dich fällt.
Hör auf zu flehen, zu erklären,
er wird dich niemals wirklich hören.
Geh fort, befreie dich vom Schmerz,
denn er besitzt kein fühlend Herz.
Nimm deinen Mut, dein Herz, dein Ich,
und lass ihn hinter dir – für Dich.
– Satu Baumann